Saint-Honorat

Erst haben sie Cannes ins Leben gerufen. Und mittlerweile sind sie seit vielen Jahren auf der Lerins-Insel zu Hause. Die Rede ist von den Zisterziensermönchen von der Abbaye de Lérins von Saint-Honorat. Die Felseninsel ist knapp 1,5 Kilometer lang und nur ungefähr 600 Meter breit. Dennoch ist dadurch genügend Platz vorhanden, um in trauter Eintracht miteinander zu leben und sich am ewig erfrischenden Duft der Zypressen und Kiefern zu erfreuen.

Mönche leben auf der Saint-Honorat

Auf der Saint-Honorat vergeht kaum ein Tag, an dem nicht der Mistral über das Eiland hinweg fegt. Der kalte Nordwind versetzt das Mittelmeer so stark in Bewegung, dass Gischt und Wellen meterhoch in die Höhe schweifen. Doch für die Mönche ist es unerheblich, ob es draußen schneit, regnet, stürmt oder die Insel sommerliche Hitze überkommt. Über das ganze Jahr hinweg sorgen die Mönche dafür, dass die Verbindung zum Festland zwischen Cannes und ihrer Insel aufrechterhalten bleibt.

Wie aus einer anderen Welt

Die Überfahrt von Cannes nach Saint-Honorat dauert insgesamt 20 Minuten. Dennoch eröffnet sich auf der Lerins-Insel wie ein Tor zu einer anderen Welt. Das Eiland vermittelt den Eindruck, als würde Zeit an diesem Ort keine Rolle spielen. Nur die vor dem Eiland ankernden Schiffe lassen darauf schließen, auch auf Saint-Honorat in der Moderne angekommen zu sein.

Fernab von jeglichem Großstadtstress und hektischem Treiben macht sich hier auch zwischen all den von altertümlichen Gewändern umhüllten Mönchen und Weinbergen eine beruhigende Atmosphäre breit. Dieser besinnliche Effekt geht schon beim ersten Schritt von der Insel auf seine Besucher über.

Die Mönche sind gastfreundlich und leben dennoch für sich

Irgendwie ist es den Mönchen gelungen, das authentische Flair der Lerins-Insel zu bewahren. Dennoch verüben die Geistlichen eine besondere Willkommenspolitik, die auch keinem Besucher verborgen bleibt. Nicht weit von der Anlegestelle entfernt, befindet sich heute das Aussichtsrestaurant La Tonnelle samt dazu gehöriger Snackbar. Hier ist jeder richtig, der sich auf der Insel eine kleine Stärkung schmecken lassen möchte.

Und es ist kein Zufall, dass diese Etablissements so weit wie möglich von dem Kloster entfernt sind. Denn alle gläubigen Bewohner der Insel leben nach einem Credo aus dem Jahr 405 n. Chr., das sich die Mönche auf dem Eiland seit jeher verinnerlichen. Ihr Motto lautet "Ora et Labora – bete und arbeite". Dieser strenge Glaube beherrscht der Tagesrhythmus der Zisterzienser auch deutlich. Denn zum Tageswerk gehören eine Messe, sechs Gottesdienste sowie ein dreieinhalbstündiges Gebet dazu.

Hier wird Weinkultur groß geschrieben

Dieser Tradition folgen die Geistlichen auf Saint-Honorat insbesondere im Küchengarten, dem Potager, in Olivenhainen mit bis zu 225 Veteranen sowie den Weingärten, die die Insellandschaft säumen. Auf der acht Hektar großen Rebfläche gedeihen Weinsorten wie Pinot Noir, Clairette, Viognier, Chardonnay oder Mourvédre – insgesamt fünf Rot- und drei Weißweine. Aus diesen Weinen produzieren die Mönche Cuvées, denen drei Weiße sowie vier Rote angehören. Die Gesamtproduktion pro Jahr beläuft sich auf der Insel Saint-Honorat auf rund 30.000 bis 35.000 Flaschen. Um dieses Ziel zu erreichen, stehen den Mönchen ebenfalls weltliche Helfer von Festlandregionen zur Seite.

Und Weinkenner sind sich einig, dass die edlen Tropfen tatsächlich "göttlicher" Natur sind. Besondere Ehre wurde dem Jahrgang 2009 zuteil. Denn dann wurde der Pinot Noir Saint-Salonius sogar auf Platz 15 der besten Weine des Landes gewählt. Dank dieser Auszeichnung wurde das Getränk sogar bei offiziellen Essen des Élysee ausgeschenkt.

Hier werden erlesene Weine kreiert

Im Jahr 2010 ereignete sich auf Saint-Honorat ein weiterer besonderer Moment, als auf dem Eiland die Gemeinschaft "Weinberg der Barmherzigkeit" (auf französisch: Clos de la Charité) eingeweiht wurde. Diese Gemeinschaft umfasst eine Parzelle mit insgesamt 500 Rebstöcken, die durch Partnerschaften gepflegt werden und deren Ertrag alljährlich ungefähr 300 Flaschen mit sich bringt. Einmal im Jahr findet dann jeweils am letzten Samstag im Oktober eine Versteigerung statt. Der aus dieser Versteigerung gewonnene Erlös wird an karitative Vereine gespendet. Doch ein Großteil der auf Saint-Honorat hergestellten Weine lassen sich die Menschen an der Cote d'Azur schmecken. Kleine Exportmengen finden außerdem in Japan und Kanada zufriedene Abnehmer. Mit diesen Einnahmen – so hat es der Mönchsrat beschlossen – soll die Wirtschaft des Klosters aufrechterhalten bleiben.

Mönche widmen sich dem Likör-Genuss

Doch die Mönche müssen auf der Insel Saint-Honorat auch Einbußen in Kauf nehmen. Schließlich sind die Weine zu teuer, um von den Geistlichen selbst verkostet zu werden. Möchten die Gläubigen zur Messe einen Wein trinken, kommt eher ein Roter aus dem Var zum Einsatz. Wesentlich günstiger als die Weine sind hingegen die Liköre der Mönche. Ein Beispiel ist der Le Lérincello mit einem Anteil von 25 Prozent, der auf der Grundlage von Zitronen aus Menton angefertigt wird.

Außerdem wird auf dem Eiland der rosa-orangefarbige Likör "Mandarine" hergestellt, angereichert mit Noten von Marinen oder anderen Zitrusfrüchten. Für Wohlbehagen sorgen außerdem die Kräuterliköre "Lérina Jaune" oder "Lérina Verte" mit einer Komposition aus 44 Aromapflanzen. Dazu gibt es den Lebensgeist "Marc de Lérins", der mit feinem Bittermandelgeschmack die Geschmacksnerven verzaubert. Pro Jahr werden von diesen unterschiedlichen Likören ungefähr 9.000 Flaschen hergestellt.

Hier wird Olivenöl hergestellt

Doch auf der Saint-Honorat gedeihen ebenfalls rund 120 Olivenbäume, die die Mönche ebenfalls zu ihren Gunsten nutzen. Voller Geduld und Hingabe kümmern sich die Geistlichen darum, pro Jahr rund 300 bis 400 Liter an hochwertigem Öl zu produzieren. Außerdem gedeihen unter der Sonne Südfrankreichs auch kleine Lavendelbäumchen, die die Einwohner der Insel liebevoll mit feinster Erde befüllen.

Der Werdegang der Mönchsgemeinschaft

Die schon um 410 n. Chr. vom Heiligen Honoratus gegründete Mönchsgemeinschaft steht auf der Insel für eine seit 16 Jahrhunderten anhaltende Tradition ein. Doch erst im Jahr 1869 ließ sich die heutige Kongregation der Zisterzienser unmittelbar auf dem Eiland nieder. Mittlerweile wurde die Abtei auf der Saint-Honorat sogar schon zum dritten Mal wieder aufgebaut. Dennoch ist es dem zu den Mönchen gehörigen Gotteshaus gelungen, sich Bereiche aus dem 12. Jahrhundert wie den Kapitelsaal oder Kreuzgang zu erhalten.

Die heutige Abteikirche begeistert mit neuromanischen Stilelementen und wurde in den 1870er Jahren erbaut. Der Klosteranlage gehören insgesamt sieben Kapellen an, die rund um die Insel einen beliebten Pilgerpfad bilden. Heute gehen Historiker davon aus, dass die heutige Dreifaltigkeitskapelle – die La Trinite – und die Erlöserkapelle – die Saint-Sauveur – vermutlich schon im Zeitalter der Karolinger vom 8. bis 10. Jahrhundert errichtet wurden.

Die Klosteranlage

Die befestigte Klosteranlage ist eine Augenweide. Das Gotteshaus wurde 1073 vom Abt von Lerins namens Aldebert erbaut, um den Mönchen einen Schutz vor sarazenischen Piraten zu bieten. In diesem an südlichen Uferspitze erbauten Refugium lebten Geistliche vom 15. Jahrhundert bis 1788 dauerhaft und mussten sich in dieser Zeit zahlreichen Angriffen widersetzen. Bis heute erinnern kleine, aber feine Details wie das vier Meter über dem Boden errichtete Tor an diese Zeit, das allerdings im Laufe der Jahre durch eine Steintreppe ersetzt wurde.

Im ersten Stock befindet sich heute der sogenannte Kreuzgang der Arbeit, der mit Gewölben und Spitzbögen aus dem 14. sowie 17. Jahrhundert die Blicke auf sich zieht. Ebenso sehenswert sind die östlich und westlich von Saint-Honorat aufgestellten Kanonenkugelöfen, die zum Erhitzen von Kanonenkugeln verwendet wurden. Heute stehen diese Bauten allerdings unter Denkmalschutz.


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